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Digitaler Nachlass Was passiert im Todesfall mit Daten und Accounts der Mitarbeitenden? Ein Testament oder Erbvertrag kann Nachfolge in Accounts, Onlinekonten, Social-Media regeln. Viele Unternehmen verfügen über einen „Notfallkoffer“, der detailliert festlegt, wie im Falle von Tod oder Krankheit der Geschäftsleitung vorgegangen werden soll, um das Unternehmen weiterführen zu können. Doch an Vorkehrungen zum digitalen […]

Oktober 2023

Digitaler Nachlass

Was passiert im Todesfall mit Daten und Accounts der Mitarbeitenden? Ein Testament oder Erbvertrag kann Nachfolge in Accounts, Onlinekonten, Social-Media regeln.

Viele Unternehmen verfügen über einen „Notfallkoffer“, der detailliert festlegt, wie im Falle von Tod oder Krankheit der Geschäftsleitung vorgegangen werden soll, um das Unternehmen weiterführen zu können. Doch an Vorkehrungen zum digitalen Nachlass wird selten gedacht. Dabei kann auch dieser Nachlassbestandteil von existenzieller Bedeutung sein, wenn der digitale Nachlass dem Erbe der Geschäftsleitung oder Mitarbeitern des Unternehmens zuzuordnen ist.

Im deutschen Erbrecht gibt es keine ausdrückliche Regelung für den digitalen Nachlass. Vielmehr kommen Bestimmungen aus mehreren Rechtsgebieten zum Tragen: zum Beispiel dem TTDSG, dem Urheberrecht, Datenschutzgesetz oder dem postmortalen Persönlichkeitsrecht. Digitale Spuren vermischen häufig private und betriebliche Aktivitäten, weshalb juristisch saubere Nutzungs- und Zugriffsregelungen große Bedeutung haben. Da digitaler Nachlass und digitale Güter ein Teil des gesamten Erbes sind, greift das Erbrecht auch für diese Bereiche gesamthaft; die Erben der verstorbenen Geschäftsleitung / der Mitarbeiter des Unternehmens rücken damit grundsätzlich auch vollumfänglich in den digitalen Nachlass ein.

Der Begriff digitaler Nachlass bezeichnet alle Arten von Daten, die der verstorbene Erblasser im Internet oder auf Speichermedien, auch im unternehmerischen Kontext als Geschäftsleiter oder Mitarbeiter eines Unternehmens hinterlassen kann. Viele Firmen betreiben Onlineshops, beraten über ihre Website oder rechnen per Paypal ab. Außerdem nutzen sie soziale Medien wie Facebook, LinkedIn, YouTube oder Instagram für Marketing und Fachkräftesuche oder investieren in Suchmaschinenwerbung. Zunehmend umfasst der digitale Nachlass auch Accounts bei Unternehmen, die Onlinekonferenzen ermöglichen oder Tools zur virtuellen Kooperation anbieten. Dazu kommen Cloud-Services, wo sich Daten speichern oder austauschen lassen. Die Gesamtheit dieses digitalen Vermögens aus dem unternehmerischen Bereich kann auch dem digitalen Nachlass des unternehmerischen Mitarbeiters zuzuordnen sein mit der Folge, dass seine Erben das digitale (unternehmerische) Vermögen erben und dem Unternehmen kein Zugriff mehr auf die Daten möglich ist. Zum digitalen Nachlass gehören alle Daten auf elektronischen Geräten oder Speichermedien oder auch jene, die auf Verträge mit Host-, Access- oder E-Mail-Providern sowie Anbietern sozialer Netzwerke oder virtueller Konten des Verstorbenen zurückgehen. Auch Daten und Dateien auf Festplatten oder USB-Sticks müssen berücksichtigt werden. Dazu gehören Bilder, Videos oder auch Produkt- oder Firmenpräsentationen.

Weil Aktivitäten des Mitarbeiters eines Unternehmens oder des Geschäftsleiters im Internet das Unternehmen auch nach dem Tod des Account-Inhabers beeinflussen können, ist es wichtig, auch nach dem Erbfall des Mitarbeiters Daten aktualisieren oder Accounts im unternehmerischen Bereich schließen zu können. Wenn hierzu zu Lebzeiten keine z.B. Vollmachten über den Tod hinaus erteilt worden sind,  kann dies grundsätzlich nur ein Testament oder ein Erbvertrag ermöglichen, das/der festlegt, wie mit dem (digitalen) Erbe umzugehen ist. Es sollte vor allem festgelegt werden, wer sich um die digitalen Hinterlassenschaften kümmert – bspw. ein oder mehrere Erben/Vermächtnisnehmer oder ein für die Abwicklung des digitalen Nachlasses eingesetzter Testamentsvollstrecker. Auch könnten Auflagen in dem Testament diesbezügliche Anordnungen enthalten. Das Testament selbst darf nicht digital erstellt werden, sondern unterliegt den formal-rechtlichen Anforderungen wie jedes andere Testament. Es muss also auf Papier vorliegen und eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein. Alternativ kann ein Testament auch vor dem Notar errichtet werden. Sollte ein Erbvertrag errichtet werden, so muss dieser zwingend notariell beurkundet werden.

Wie komplex das Thema digitaler Nachlass für Unternehmen ist, zeigt eine Studie des Fraunhofer-Instituts für sichere Informationstechnologie. Die Untersuchung aus rechtlicher und technischer Sicht analysiert auf 400 Seiten, wie schwer sich der digitale Nachlass fassen lässt. Dazu kommt: Weil jeder Anbieter individuelle Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) hat, sind diese bei der Abwicklung des digitalen Nachlasses grundsätzlich zu beachten. Die Fraunhofer-Studie hat die AGB von Software- und Social-Media-Konzernen untersucht und diverse Fallstricke entdeckt. Wer nicht festlegt, wie mit den digitalen Spuren umgegangen werden soll, liefert sich den Dienstleistern und deren AGB aus.

Das Testament zur Regelung des digitalen Nachlasses – Was zu beachten ist

  • Private und geschäftliche Konten sollten getrennt sein, vor allem bei E-Mail-Accounts. Firmen-Accounts sollten auf den Betrieb angemeldet werden, Privatnutzung von Accounts verboten werden und mehrere Personen sollten Zugriff auf den Firmen-Account haben.
  • Ein oder mehrere vertrauenswürdige Personen, die Kenntnis über die digitalen Aktivitäten des unternehmerischen Mitarbeiters haben, sollten bestimmt werden, bspw. der Erbe selbst oder ein vom Erblasser angeordneter Testamentsvollstrecker. 
  • Bei der Erstellung eines formal sowie inhaltlich wasserdichten Testaments oder Erbvertrags sollte eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt unterstützen, denn nur Experten können die Details prüfen.
  • Eine Aufstellung verdeutlicht, was dem digitalen Vermögens de Unternehmens und was dem des Mitarbeiters zuzuordnen ist. Dazu zählen E-Mail-Konten, Online-Speicher in der Cloud, Social-Media-Accounts, Konten bei Onlinehändlern oder -dienstleistern. Außerdem firmeninterne Geräte sowie Programme, die nur per Passwort zugänglich sind.
  • Bestehende, auf einzelne Personen laufende Accounts zu Firmenkonten sollten möglichst zu Lebzeiten der Personen auf das Unternehmen umgeschrieben werden, neue Accounts auf den Betrieb angemeldet und der Zugriff im Notfall geregelt werden. Alternativ sollte eine über den Tod hinaus geltende Vollmacht erteilt werden.
  • Für jeden Account ist festzulegen, was nach Ausfall oder Tod eines unternehmerischen Mitarbeiters geschehen soll. Eine privat genutzte Facebook-Präsenz könnte in den Gedenkzustand versetzt oder gelöscht, ein persönliches E-Mail-Konto nach einiger Zeit gelöscht werden. Hier sind klare Anweisungen hilfreich.
  • Der Testamentsvollstrecker bzw. die für die Abwicklung des digitalen Nachlasses bestimmten Personen benötigt den Kontozugriff für alle digitalen Aktivitäten. Benutzernamen und Passwörter sollten mit Eröffnung des Testaments/des Erbvertrags an die jeweiligen Handlungsbefugten gehen, zusammen mit klaren Handlungsanweisungen.
  • Das Testament (der Erbvertrag), das den digitalen Nachlass regelt, muss aktuell sein. Neue Konten gehören sofort in die Bestandsaufnahme, ebenso geänderte Passwörter.

Ihre Ansprechpartner zum Thema:

Vera Niedermeyer

Dr. Saskia Ballon


 

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